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AutorenbildLisa

Das innere Warnsystem

Aktualisiert: 4. März 2022

Es ist Sonntag, 10 Uhr morgens. Auf der Hauptstraße in Punta Arenas sind kaum Menschen unterwegs, auf der Straße ist normaler Verkehr. Ich bin auf dem Weg zu einem Laden, in dem man nach Gewicht Nüsse und getrocknete Früchte kaufen kann - meine absoluten Lieblingsläden und Lieblingssnacks! Plötzlich ist da dieses unwohle Gefühl in meinem Körper, die Alarmglocken klingeln, meine Muskel spannen sich an und meine Sinneswahrnehmung wird stärker - Hier stimmt was nicht!


Langsam drehe ich mich um und sehe einen Mann, der unfassbar nah, direkt an meiner Seite, hinter mir läuft. Blitzschnell durchdenke ich alle Optionen, die ich habe. Erstmal ruhig bleiben, schauen, ob er mich wirklich verfolgt. Ich verlangsame meinen Schritt, er überholt mich nicht. Dann laufe ich etwas schneller, er bleibt immer dicht an mir. An der nächsten Kreuzung bleibe ich stehen, tue so, als würde ich nach dem Weg schauen. Auch er bleibt stehen, trotz grüner Ampel. Jetzt ist mir klar - ich werde verfolgt.


"Cool bleiben, Lisa! Es ist helligster Tag und es sind ein paar Menschen und Autos unterwegs!" Ich scanne meine Umgebung ab. Laufe mehrere Male kreuz und quer über die Kreuzung. Da der Typ mir versetzt auf jede Straßenseite folgt, ist mir klar, dass es sich nicht um einen krassen Kriminellen handeln kann, das Warnsystem bleibt dennoch an.


"Dejame en paz!" - Lass mich in Ruhe! Doch er folgt mir, kommt mir aber nicht zu nahe. Es gibt zwei Optionen - so lange warten, bis er aufgibt oder rennen. Ich entscheide mich für die sichere Option und renne los in der Hoffnung irgendwo ein offenes Geschäft oder Menschen zu finden. Hektisch drehe ich mich um. Tatsächlich rennt er mir nun hinterher. Ich drehe mich um, bleibe stehen, plustere mich auf und brülle ihn an, er solle mich in Ruhe lassen und sich verpissen. Kurz bin ich überrascht, dass ich so laut schreien kann und auch er ist kurz verdutzt, rennt mir aber weiter hinterher.


Doch ich bin schneller. Wie ein Hase auf der Flucht biege ich in Windeseile zwei Mal ab und sehe ein "Shell" Schild. Aus meinem Unterbewusstsein poppt die Erinnerung an die Tankstelle auf, an der ich gestern erst vorbei gelaufen bin. Zitternd halte ich an der Tankstelle an und versuche meine Atmung ruhig zu halten. Mir ist kotzübel und ich bin sauer. Sauer auf dieses fremdbestimmte Unwohlsein, dieses ekelhafte Gefühl, das einem Situationen wie diese geben.


"Alles okay?", der Tankwart steht in der Tür und schaut mich besorgt an. Ich erkläre, was passiert ist. Er bittet mich herein und gibt mir ein Wasser. Es fühlt sich gut an, mit jemandem reden zu können. Und kurze Zeit später kann ich auch schon Witze machen. "Ich habe ihn auch auf Deutsch angebrüllt, ich glaube das hat ihm Angst gemacht!"


Eine Viertelstunde später verabschiede ich mich vom netten Tankwart und gehe wieder raus. Und auch jetzt habe ich zwei Optionen: Es größer machen, als es ist und von nun an misstrauisch und angsterfüllt durch die Gegend laufen, oder ich schließe mit der Situation ab, denke daran, dass ich seit sechs Monaten umher radel und nie was passiert ist und so eine Situation mir egal wo passieren könnte.


Natürlich entscheide ich mich für Option zwei. Auch wenn solche Situationen schlichtweg scheiße sind und das Gefühl wirklich ekelhaft ist, sind sie selten. Quasi so, wie meine Platten, die ich bis jetzt hatte. Zwei Mal war es ein mini Draht, der sich in meinen Reifen gebohrt hat. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf einer meterbreiten Straße genau da her fahre, wo dieser mini Draht liegt?!

Zur falschen Zeit, am falschen Ort. Wichtig ist, dass man immer auf dieses innere Warnsystem hört und vertraut.

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