Irgendwo im Nirgendwo Uruguays sitze ich am Rand einer Schotterpiste. Ich bin schon seit einigen Tagen unterwegs, aber jetzt erst realisiere ich, dass ich wieder zurück bin. Zurück, in dem Abenteuer, das vor zwei Jahren durch die Pandemie gestoppt wurde. Plötzlich löst sich ein Kloß in meinem Hals. Ein Kloß, der seit zwei Jahren irgendwie einfach immer da war, den ich aber nie greifen konnte, obwohl er sich so breit gemacht hatte.
Ich heule und lache. Vor Freude, vor Erleichterung, vor Demut. Weil ich so hart gearbeitet habe und gleichzeitig so unfassbar dankbar dafür bin, dass ich dieses Leben so leben kann, wie es mich glücklich macht. Ich heule wegen des abrupten und traumatisierenden Endes des ersten Teils dieser Reise und wieviel Kraft mich die Aufarbeitung des sexuellen Übergriffes gekostet hat. Und dass ich nun hier sitze, und immer noch die Lisa bin, die allen Menschen mit offenen Armen begegnet, ohne Vorurteile, ohne Angst.
Die kleinsten Dinge lassen mein Herz höher schlagen und mein Grinsen breiter werden. Es sind die knallgrünen Vögel, die plötzlich in Scharen über meinem Kopf sausen, die Kuhherden, die mich anstarren, als hätten sie sowas wie mich noch nie gesehen. Der Rennradfahrer, der mir drei Energieriegel schenkt. Die Bäckerin, die mir zwei Gratis-Teilchen zu meinem Brot in die Tüte steckt. Ja, auch die winkenden und hupenden LKW Fahrer bringen mir Freude. Abends liege ich (meist ungeduscht) in meinem Zelt und freue mich über den heutigen Tag und auf das, was der morgige bringen mag.
Tankstellen sind wieder mein bester Freund. Sie tauchen im Nirgendwo auf, löschen Durst, stillen Hunger, bieten Schatten und manchmal einen kostenfreien Zeltplatz. Dort finden auch die meisten Gespräche statt. „Wo kommst du hier?“, „Wie lange bist du schon unterwegs?“, „Als Frau?? Alleine?! Hast du keine Angst?“ Die Antwort ist auch heute immer noch dieselbe: Ich möchte für eine Welt kämpfen, in der es normal ist, als Frau, alleine durch die Welt zu reisen. Ich will andere inspirieren und motivieren, die (vermeintlich) sichere Komfortzone zu verlassen, um zu sehen, dass es da draussen halb so wild ist. Dass es für jedes Problem irgendeine Lösung gibt. Und dass es einfach mehr gute Menschen, als schlechte gibt.
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