Ich starre auf den Bildschirm. "Ihr Flug wurde gebucht." Morgen steige ich in den Flieger und fliege via Sao Paulo nach Frankfurt. In meinem Herzen feiern die unterschiedlichsten Emotionen eine wilde Party, während da draussen der Coronavirus immer mehr die Welt erobert. "Es ist die richtige Entscheidung!", ich schaue in Pablos Augen, der seinen Arm um mich legt, während sich unser Ewan irgendwo über den Woken Richtung Heimat befindet.
Mein Fahrrad hängt bis auf weiteres in Sierra Grande fest, mein Flug nach Madrid wäre in drei Monaten, es macht keinen Sinn, den Rest meiner Reise so zerhacken zu lassen, dass ich am Ende nur einen Bruchteil von dem machen kann, was ich vor hatte und eventuell in der südamerikanischen Apokalypse zu landen.
Die letzten Tage waren extrem anstrengend und da ich nicht will, dass der letzte Blog der "Reise Part 1", von einem Truckfahrer handelt (der nun bei den Behörden angezeigt wurde), kommt hier ein Pottpuri Of Positivity.
Dieses Pottpurri fängt mit zwei unfassbar tollen Menschen an. Pablo und Ewan. Als ich damals im verlassenen "pinken Haus" zwischen Chaltén und Calafate mein Zelt aufgestellt hatte, hatte ich keine Ahnung, dass sich an diesem Abend zwei Menschen ganz tief in mein Herz einnisten würden. Pablo und Ewan waren die ersten der vielen Radfahrer, die an dem Abend den Wildcampspot erreicht hatten. Wir hatten uns nur kurz, aber sehr nett und mit viel lachen, unterhalten. Early Bird verliess mal wieder im Morgengrauen das Camp., doch das Schicksal wusste, dass wir drei zusammen gehören. Denn, als ich in Calafate auf dem Weg in die Stadt war, standen da auf einmal Ewan und Pablo. Ein paar Stunden später waren wir Dorm-Bett-Nachbarn und teilten das erste von vielen weiteren Bierchen.
Was ich am Reisen liebe, ist es, Menschen zu treffen, die mit Vollgas in den tiefsten Part des Herzens katapultiert werden und für immer dort bleiben. Es sind die besonderen Begegnungen, bei denen man direkt weiß, dass man auch als altes Krüstchen noch zusammen sitzen wird und zum Beispiel an die Zeiten denkt, an denen die Hüften noch 100km Radfahrtage mitgemacht haben.
Ich kann schwer in Worte fassen, wie dankbar ich bin, die Beiden zu kennen. Ohne zu wissen, dass der Tierra del Fuego Part der letzte Abschnitt der "Reise Part 1" sein würde, haben sie ihn so unfassbar besonders für mich gemacht. Sie waren dabei, als mein Tacho auf 10.000 gesprungen ist, wir haben Königspinguine gesehen, Übergänge von Schotter zu Asphalt gefeiert, unfassbar viel gelacht und unzählbar viele Momente gesammelt, die wir auch mit Alzheimer nicht vergessen werden. Sie haben mir zuletzt durch die dunkelsten Stunden meiner Reise geholfen und dafür bin ich unfassbar dankbar.
Und dann sitze ich da, frage mich, was ich machen soll, mit dem Fahrrad, das irgendwo fest steckt und dann kommt Chechu, den ich vor ein paar Monaten auf dem "Three Lake Crossing" von Bariloche nach Puerto Varas kennen gelernt hatte. Circa 5KM war ich mit ihm und seinem Kousin Tomas gefahren, bis sie mich mit all ihren Sachen zurück ließen, weil Chechu plötzlich ein Steakmesser im Bein hatte. (True story!) Er sagt mir, dass er mein Fahrrad abholen kann, ich mein Gepäck bei ihm lassen kann und sofort fällt mir ein riesiger Stein vom Herzen.
"Reise Part 2" wird also in Buenos Aires starten.
Mit warmen Herzen denke ich an all die Leute zurück, die ich kennen lernen durfte, teilweise durch die seltsamsten Zufälle. Lena und Gennaro, die mich in Torres Del Paine am Straßenrand aufgepickt haben, mit denen ich eine viel zu kurze, super schöne Zeit verbracht habe. Sébastien und Téo, die französischen Radmechaniker, mit denen ich zu den Torres gewandert bin, einen Puma gesehen habe und die mich auf "Dong das Einhorn" getauft haben, nachdem eine Windböe mir einen Topf ins Gesicht geworfen hatte.
Ich denke an den ersten Tag meiner Reise, an dem mich Oscar bis nach Guatapé begleitet hat, William, der mich am zweiten Tag aus dem dunklen Nirgendwo gerettet hat, die lieben Jungs von CicloOrbe in Rio Negro, die mein Fahrrad repariert haben. Hamilton, mein Couchsurfing Host in Ibarra, der mir die Möglichkeit gegeben hat, junge Leute zum Reisen zu inspirieren. Mauricio und meine Herzensfamilie in Quito, die mich für ein Wochenende adoptiert haben und auch heute noch fragen, wie es mir geht. Die zwei LKW Fahrer, die mir in einem Sandsturm und auf einer gefährlichen Straße den Arsch gerettet haben. Satya und Juan, die mich nach einer anstrengenden, niemals endenden Etappe in Mendoza wieder zum leben gebracht haben. Ole, mit dem ich den Touriwahn in Machu Picchu überlebt habe. Poochi und Vaughn, die mir nicht nur ein Zuhause, sondern auch eine unvergessliche Zeit in Lima beschert haben. Die netten Leute auf der Straße, die mir Wasser, Snacks und High Fives geschenkt haben. Und all die fantastischen Leute, die ich via Social Media treffen durfte und hoffentlich irgendwann auch in Person.
Mein Herz ist so voll mit tollen Erinnerungen und Momenten, die sich wie warme Erdnussbutter in die kleinen Risse der letzen Tage legen. Jetzt ist es Zeit eine Pause einzulegen, meine Menschen und Tiere zu knuddeln und wenn der Spuk vorüber ist, in "Reise Part 2" zu starten. Oder wir Arni sagen würde: I'LL BE BACK!
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